Filmuni goes Berlinale: "Was in der Wildnis passiert, bleibt in der Wildnis." - Sophia Bösch und Laura Klippel im Interview

RÅ läuft in der „Perspektive Deutsches Kino“ der Berlinale 2018 und feiert am 22. Februar seine Weltpremiere. Wir haben mit den Filmuni-Studentinnen Sophia Bösch (Regie/Buch) und Laura Klippel (Produktion) über den Film gesprochen.

 (öffnet Vergrößerung des Bildes)
© Alexandra_Medianikova

Filmuni: Sophia, Euer Film „Rå“ feiert auf der 68. Berlinale in der „Perspektive Deutsches Kino“ Weltpremiere. Wie fühlst Du Dich? Schon aufgeregt?
SB: Sehr müde und sehr, sehr aufgeregt!

Filmuni: Wie kam Dir die Idee zum Film und wie entstand die Story?
SB: Ich bin mit Jägern in der Familie aufgewachsen. Im Norden Schwedens, wo meine Familie herkommt, funktioniert die Jagd auch heute noch nach alten Gesetzen, und obwohl ich selber nie gejagt habe, interessiert mich das Archaische dieses Rituals. Gleichzeitig ist die Jagd ein weiterer Teil unserer Kultur, die keinen selbstverständlichen Platz vorsieht für eine Frau – und damit ist sie ja symptomatisch für weite Teile unserer Gesellschaft. Ich wollte davon erzählen, was es heißt, sich als Mädchen behaupten zu müssen, in dieser Gesellschaft, die trotz der technologischen Moderne im Grunde noch nach alten patriarchalen Regeln funktioniert. Und ich wollte mal wieder in den schwedischen Wäldern drehen. :)

Filmuni: Du hast neben der Regie auch am Drehbuch mitgearbeitet. Wie können wir uns den Entstehungsprozess des Films vorstellen? Und wie lange habt Ihr insgesamt an dem Film gearbeitet?
SB: Ich habe mir die Idee vor ungefähr 3 Jahren aufgeschrieben. Mir war von Anfang an klar, dass es schwierig werden würde, den Film im Unirahmen zu machen, aber es wurde mehr und mehr zu der einzigen Idee, die mir wirklich etwas bedeutete. Deshalb hat dann alles auch etwas länger gedauert mit Finanzierung und Ausland und so, aber mit den tollen Heads an meiner Seite, vielen zähen Kämpfen und guten Fügungen haben wir es geschafft und ich glaube, wir sind alle ziemlich stolz. Valeria hat das schön gesagt, „courage pays back“.

Filmuni: Eine besondere Anekdote vom Dreh?
SB: Was in der Wildnis passiert, bleibt in der Wildnis. :)

Filmuni: Der Film ist Dein Bachelorfilm an der Filmuni und Du studierst mittlerweile im Master Regie. Was ist Dein nächstes Projekt?
SB: Mein nächstes Projekt ist „Waiters“ – ein Episodenfilm den ich mit meiner Regieklasse mache, 6 Kurzgeschichten von 6 Regisseur*innen. Sie alle spielen im Kosmos Restaurant und sind im Wesen miteinander verwoben. Danach werde ich mit meinem eigenen Langfilmprojekt anfangen, das auch in der Sphäre von „Rå“angesiedelt sein wird. Wir haben das Gefühl, dass Linns Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist.

Ich wollte davon erzählen, was es heißt, sich als Mädchen behaupten zu müssen, in dieser Gesellschaft, die trotz der technologischen Moderne im Grunde noch nach alten patriarchalen Regeln funktioniert.

Sophia Bösch
MA Regie

Filmuni: Laura, Du hast die Produktion des Films im Team übernommen. Was waren die besonderen Herausforderungen des Projekts?
LK: Die Distanz, wenn man aus der Ferne vorbereiten muss und nicht vor Ort ist, da ich noch in Berlin angestellt war. Aber zum Glück konnte meine Kommilitonin Valeria Venturelli schon für die Vorproduktion in den Norden fahren und die Koordination lokal übernehmen. Es ist natürlich immer schwierig für ein low-budget Projekt, eine Crew für 3 Wochen zu finden, aber letztendlich waren die Heads der Departments alle auch aus der Filmuni und wir haben viel lokale Hilfe bekommen. Und Schweden ist natürlich extrem teuer, was für ein kleines Budget nicht gerade hilfreich ist. 

Filmuni: Erzähl uns bitte etwas vom Dreh. Ihr habt in Schweden in der Wildnis gedreht. Wie können wir uns die Dreharbeiten dort vorstellen? Und wie groß war das Team?
LK: Die Crew bestand im Schnitt aus 20-25 Leuten und da wir mitten im Wald gedreht haben, war die Base recht spartanisch. Wir haben alle zusammen in einer ehemaligen Schule gewohnt, was zwar etwas von Klassenfahrt hatte, aber da wir nur draußen in der Kälte gedreht haben, war es auch durchaus kräftezehrend für alle. Generell haben wir von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang gedreht, da die Sonnenstunden im Herbst schon sehr rar sind, wir aber komplett auf das Tageslicht angewiesen waren. Wir hatten aber zudem auch das Glück, dass uns gefühlt die ganzen umliegenden Dörfer überall unterstützten, sei es bei liegengebliebenen Autos, mit Jagdequipment oder Spielfahrzeugen.

Wir hatten aber zudem auch das Glück, dass uns gefühlt die ganzen umliegenden Dörfer überall unterstützten, sei es bei liegengebliebenen Autos, mit Jagdequipment oder Spielfahrzeugen.

Laura Klippel
MA Film- und Fernsehproduktion

Filmuni: Dein Highlight der Dreharbeiten?
LK: Als ich alleine Nachtwache am Set hielt und den Wald, den wir erzählen wollen, zum ersten Mal selber spürte. Und: der Augenblick, in dem ich die ersten Muster gesehen habe!

Filmuni: Welche Pläne gibt es für die Zeit nach der Berlinale? Wie geht es weiter mit „Rå“?
LK: Wir hoffen natürlich auf weitere Festivals, dass wir „Rå“ noch vielen Menschen zeigen dürfen!

Filmuni: Danke Euch für das Interview!

Interview: B. Schöneberg