Schwerpunkte

Bewegungssprache und Montage

Bewegungssprache ist ein Begriff der Choreografie. Er betont die Möglichkeit mit Bewegung zu kommunizieren. Dabei ist der individuelle Gebrauch eines Bewegungsrepertoires ebenso gemeint, wie ein übergeordnetes System, das in anderen Sprachen Grammatik, Slang oder Idiom genannt wird. Die Bewegung ist mehr als nur Mittel zum Zweck der Ortsveränderung. Bewegung zeichnet eine Erinnerungsfigur in Raum und Zeit. So kann sie als mentales Bewegungsbild begriffen werden.

Film ist Bewegung. Die Wechsel der Standbilder erzeugen die Illusion von Bewegung. Die Kamera beobachtet Bewegung und oft bewegt sie sich dabei selbst. Die Erzählung vollzieht eine Bewegung durch den Stoff und wenn der Film gelungen ist, sind die Zuschauenden bewegt. Eben weil die Bewegung ein mentales Konstrukt ist, das nur möglich wird, indem wir Vorher und Jetzt gedanklich verbinden, ist sie für Montage von Filmen so interessant. Wenn die Bewegung scheinbar ununterbrochen fortläuft, kann sie filmische Welten miteinander verbinden, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Die Bewegung macht Schnitte unsichtbar. Sie lenkt Blicke und steuert die Dynamik der Dramaturgie.

Dieser Schwerpunkt der Lehre will für die Nuancen und Qualitäten der Bewegung im Filmbild sensibilisieren und zu künstlerisch innovativen Montageformen anregen. Die Analyse von Filmen aus den Bereichen Tanztheater und cine dance hilft den Blick zu schärfen für choreografische Aspekte, die dann überall zu finden sind: im Dialog mit seinen vielsagenden non-verbalen Kommunikationsanteilen, in Actionszenen mit ihren Momenten wechselnder Dominanz oder in epischen Passagen in denen nur scheinbar Nichts passiert.

 

Montage in Raum und Fläche

Im Rahmen der Professur für künstlerische Montage / Nonlineare Formen verfolgt der Schwerpunkt „Montage in Raum und Fläche“ das Ziel, Studierenden einen adäquaten Rahmen für die Entwicklung, die Realisation und die Präsentation raumgreifender montagekünstlerischer Arbeiten zu bieten. In ergebnisoffener Projektarbeit wird eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit den Wechselwirkungen von filmischer Mitteilung und Präsentationsort /-medium angeregt. Die Übungen in diesem Schwerpunkt stellen die eigenständige Autorschaft in den Fokus.

Montagespezifischer Ausdruck lebt davon, gegebenes Material in Bezug auf all seine Facetten und möglichen Verlinkungen hin zu betrachten. In der Arbeit an mehrkanaligen Installationen bezieht der Materialbegriff den Raum - als Architektur, als Atmosphäre, als Feld einer angedachten oder tatsächlichen Nutzung und als Projektionsfläche im doppelten Sinn - mit ein.

Das künstlerische Experiment in diesem Studienschwerpunkt ist vom subjektiven Interesse der Studierenden geleitet, Ziel ist es, sich mit Erfahrungen und Ideen zu versorgen, die in die weitere eigene Arbeit einfließen können, ganz unabhängig davon, welches filmische Format Studierende jeweils für sich anvisieren.

Kontakt:

Prof. Marlis Roth

Nonfiktionale Montage

Der Schwerpunkt der Lehre dreht sich um Fragen der Montage im nonfiktionalen Kontext. Beim Dokumentarfilm kommt dem Schnitt eine zentrale erzählerische und gestalterische Funktion zu, da der Dreh ein zugleich persönlicher und dennoch wenig voraussehbarer Prozess ist. Im Umgang mit der Realität entstehen im Material neben dem, was geplant und verabredet ist, zugleich Brüche, Lehrstellen und Überraschendes. Der Komplex der Montage führt die unterschiedlichen Kräfte zusammen, manchmal zum Gelingen, manchmal zum Scheitern einer Szene, eines szenischen Bogens oder dem gesamten Film. All dies gilt es auszuhalten und zugleich mit Leidenschaft zu erfüllen. Im Mittelpunkt eines gemeinsamen Prozesses mit der Regie steht das Material und die ihm immanenten Herausforderungen. Die Arbeitsprozesse können mitunter sehr lange Zeiträume in Anspruch nehmen. Dabei gilt es das eigene und das fremde Urteil beständig zu hinterfragen. Es gilt sich gegen Konventionen oder allzu einfache Lösungen zu wehren, zumal es im Material immer um das selten einfache Leben konkreter Figuren und die komplexe Betrachtung einer Thematik geht. Um diese Herausforderungen anzunehmen stehen in der Lehre die handwerklichen Thematiken um das Zusammenspiel von Bild und Ton, Sprache und Musik, Rhythmus und Dramaturgie ebenso im Mittelpunkt wie übergeordnete Fragen zur dokumentarischen Filmform und ihrer Verantwortung in einer Welt voller Widersprüche und Schönheiten.

Kommunikation im Schneideraum

In wenigen Fällen arbeiten Filmeditor*innen bei neuen Projekten mit denselben Teammitgliedern und über lange Zeiträume zusammen. Es gilt also, sich relativ schnell aufeinander einzustellen und eine gemeinsame Ebene zu finden, die das gemeinsame Arbeiten erleichtert und Konflikte, die sich in Zusammenarbeiten ergeben können, konstruktiv anzugehen. Kommunikation im Schneideraum beschränkt sich nicht nur auf die zwischenmenschliche Zusammenarbeit, sondern meint auch die Kommunikation über das Material.Jedes Material bringt neue Herausforderungen und individuelle Eigenschaften mit sich. Diese sollen entdeckt und benannt werden. Erst dann ist die Voraussetzung gegeben, sich darüber auszutauschen um gemeinsame erzählerische Vorstellungen zu entwickeln. In der Lehre werden solche Kommunikationsprozesse und ihre möglichen Auswirkungen verdeutlicht und weiterentwickelt und Methoden und Strategien zur Konfliktvermeidung und Konfliktbewältigung vorgestellt.

Montage im Kontext

Montage ist urteilen, urteilen, urteilen. Wenn wir urteilen, dann urteilen wir als Teil einer Gesellschaft, sagt Hannah Arendt. Was beurteilen wir und aus welchen Zusammenhängen heraus - oder in welche Zusammenhänge hinein? Unter Einbeziehung gesellschaftlich relevanter Fragen stellen wir die spezifischen Konstruktionen in den vielfältigen Kontext audiovisueller Medien. Es geht um einen Modus des Denkens - die Ästhetik und die Praxis, die Kritik und die Aneignung. Der Schnittcomputer ist ein machtvolles Tool: Er kann uns Zusammenhänge zeigen, die so noch nicht gedacht waren bei der montagespezifischen (De-) Konstruktion von Rollenmodellen in der Auseinandersetzung mit Material, Thema, Figur und Story. Durch exploratives Erkunden montageästhetischer Einzelaspekte reflektieren wir unsere eigenen Kriterien um sowohl Rückgriffe auf Konventionen und voreiliges Streben nach Perfektion zu vermeiden, als auch unsere Urteile zu hinterfragen.

 

Montage im Kontext, Montaglabor