Filmuni-News

Szenografien von Alfred Hirschmeier

Die wertvollen künstlerischen Arbeiten des ehemaligen Professors wurden von einem spezialisierten Restaurator gesichert und wieder aufgearbeitet und stehen durch ausstellungsgebundene Leihvorgänge oder für die Beforschung der Sammlungen wieder zur Verfügung.

 (öffnet Vergrößerung des Bildes)
„Grittavonrattenzuhausbeiuns“, Filmmuseum Potsdam, Foto: Anna Schulz

Präsentation der restaurierten Szenografien von Alfred Hirschmeier dank der Unterstützung der Kulturstiftung der Länder

Mit seinem Sammlungsschwerpunkt auf ostdeutscher Film- und Kinogeschichte ist das Filmmuseum Potsdam neben der DEFA-Stiftung erste Anlaufstelle für das DEFA-Filmerbe in all seinen Facetten. Die Szenografie gehört spätestens seit dem Beginn der 1920er Jahre zu den künstlerisch herausragenden Bereichen der Filmproduktion im Babelsberger Studio. Bis heute prägen die gefilmten Räume unser Bildgedächtnis. Production Designer, Szenograf*innen und Filmarchitekten*innen setzen optische Konzepte bzw. Spielräume unter Berücksichtigung von Kamera und Regie um und stellen damit die Gesamtatmosphäre, den Look eines jeden Films her.

Alfred Hirschmeier (1931 - 1996), geschult u.a. durch den Bühnenmaler Willy Eplinius und den Filmarchitekten Willy Schiller, griff als Szenograf der DEFA die Tradition des Babelsberger Filmhandwerks auf und führte sie weiter. Seine szenischen Entwürfe – von der Skizze bis zum großen Schauentwurf – prägen ca. 70 Kino- und Fernsehfilme. Gemeinsam mit seinem engen künstlerischen Team verbanden ihn langjährige und überaus kreative Arbeitspartnerschaften mit Regisseur*innen wie Frank Beyer und Konrad Wolf.Mit dem Ende der DDR half Alfred Hirschmeier ab 1990 als Ausstattungschef in den Filmstudios Babelsberg, die Tradition dieses Handwerks zu retten. Von 1990 bis zu seinem Tod war er Professor an der Babelsberger Filmhochschule, der heutigen Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, wo er erfolgreich den Studiengang Szenografie ins Leben gerufen hat.

In seinen Sammlungen und Nachlassbeständen bewahrt das Filmmuseum Potsdam Arbeiten von Filmszenografen verschiedener Zeitepochen, von Ufa-, DEFA-Produktionen und Filmen der jüngeren Babelsberger Filmgeschichte. Alfred Hirschmeier war einer der bedeutendsten Szenografen der DEFA. Für seine Entwürfe entwickelte er eine besondere Technik: Er erstellte Collagen, bei denen ein Motivfoto mit bemalten Folien kombiniert wurde. Es sind Werke von starker, ästhetischer Bildsprache und scheinbar grenzenloser Phantasie.

Insgesamt befinden sich 738 dieser einzigartigen Szenografie-Bildentwürfe Alfred Hirschmeiers aus rund 20 Filmen in den Sammlungen des Filmmuseums Potsdam. Jeder Entwurf ist ein Unikat und ist Ausdruck der Kreativität und einzigartigen Handschrift des Künstlers. In ihrer Gesamtheit gehören die Arbeiten von Alfred Hirschmeier in die obere Liga deutscher Szenografen und zu den besonderen Schätzen des Filmmuseums Potsdam.

Ein großer Teil – ca. 450 Blatt – der Szenografien war besonders stark beschädigt. Dem gravierenden Ablösen der Malschichten von der Kunststofffolie wurde mit unterschiedlichen Erste-Hilfe-Maßnahmen für den Erhalt des Status Quo begegnet. Eine Kooperation des Filmmuseums Potsdam als In-Institut der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF mit der FH Köln Fachbereich Restaurierung über eine zweijährige Projektarbeit zur Ursachenforschung und Problembehandlung endete mit einer für hervorragende Studienleistung vom Förderverein der CICS ausgezeichneten Masterarbeit (Maria Lörzel, 2016) im Fach Restaurierung. Zentrale Fragestellung der Arbeit waren die Haftungsprobleme, die zwischen Celluloseacetat bzw. PET-Folien und Gouache-Farbschichten bestehen. Die in Planschränken gelagerten Collagen wurden ihrer öffentlichen Nutzung entzogen, seit ihre akute Bedrohung bekannt war. Jede unsachgemäße Bewegung hätte zu weiteren Farbverlusten führen können. Eine restauratorische Festigung war die einzige Möglichkeit, die Folien zu retten, zu bewahren und der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen.
Die Sammlungen des Filmmuseums Potsdam sind 2022/23 in den Sammlungsneubau an den Medienstandort Babelsberg gezogen. Der Umzug hochfragiler Objekte – wie die ungefestigten Szenografie-Entwürfe von Alfred Hirschmeier mit den losen Farbschichten – hätte eine nicht vertretbare Belastung für sie dargestellt.

Um ihre Sicherung zu erreichen und die Nutzung wieder zu ermöglichen, musste dringend gehandelt und ein umfassendes Restaurierungsprogramm umgesetzt werden. Dank der einzigartigen Unterstützung der Kulturstiftung der Länder in dieser Notsituation ist es gelungen, die wertvollen künstlerischen Arbeiten Alfred Hirschmeiers von einem spezialisierten Restaurator sichern und wieder aufarbeiten zu lassen.

Im Rahmen eines Pressetermins am heutigen Vormittag hielt der stellvertretende Generalsekretär, Prof. Dr. Frank Druffner der Kulturstiftung der Länder ein Grusswort.  Die Sammlungsleiterin Barbara Ziereis und die verantwortliche Archivarin Ines Belger gaben einen Einblick in das umfangreiche Werk Alfred Hirschmeiers. Ein Teil der restaurierten Szenenbildentwürfe konnte präsentiert werden. Der Fachrestaurator Dietmar Linke erläuterte den aufwendigen Sicherungs- und Restaurierungsprozess der Entwürfe.

Neben der Festigung der Farben auf den Folien gehörten zu den Arbeiten auch dieZuordnung loser Schollen und Retuschen. Als Grundlage diente eine fotografische Dokumentation. Die Bearbeitung der Bestände fand in sechs Etappen im Jahr2022 bis Ende 2023 statt. Im Zuge der Bearbeitung wurden 738 Blätter gesichtet und dokumentiert, 645 bearbeitet und gesichert. 93 Entwürfe vorwiegend Bleistiftzeichnungen und Skizzen benötigten keine Bearbeitung.

Weiterhin wurden am neuen Standort die Entwürfe einzeln in gesondert angefertigte Grafikbetten umgelagert, um zukünftig bestmöglich konservatorisch zu lagern und geschützt vor mechanischer Beeinträchtigung präsentabel zu sein.

Unser großer Dank gilt der Kulturstiftung der Länder für die Unterstützung und ganz besonders der konservatorischen Sicherung des Bestandes durch den Restaurator Dietmar Linke und seinen Mitarbeiterinnen Nina Germann, Anna Schulz und Rosa Russo. Dietmar Linke hat von 1990 bis 2006 als Restaurator im Filmmuseum Potsdam gearbeitet. Die Bestände waren ihm bereits bestens vertraut.
Mit speziellen Restaurierungsverfahren wurden die abgelösten Malschichten auf den vorher gereinigten Folien und Hintergründen gefestigt. Kleinere Fehlstellen in der Malschicht konnten aus konservatorischen Gründen zur Verbesserung der Haftung partiell retuschiert werden.

Durch die Standortveränderung mit mehr Laufpublikum und der räumlichen Nähe zur universitären Lehre erhoffen wir uns, das Angebot zur filmwissenschaftlichen Forschung am DEFA Kulturerbe verstärken zu können. Die Szenografie-Entwürfe Alfred Hirschmeiers sind von starker Aussagekraft und stehen der Öffentlichkeit nach der Restaurierung durch ausstellungsgebundene Leihvorgänge oder für die Beforschung der Sammlungen wieder zur Verfügung.

Kontakt:
Christine Handke,Leitung Kommunikation / ProjektmanagementFilmmuseum Potsdam
Institut der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF
T: 0331 - 271 81 14; F: 0331 - 271 81 26
c.handke@filmmuseum-potsdam.de